Wie alles begann

Die Geschichte des
Milch­kännchen-Museums

Das wichtigste und liebste Kännchen, das mir am meisten bedeutet, stammt von meiner Mutter. Es hat ein besonderes Innenleben mit einer Kondensmilchdose. Durch den kräftigen Druck auf den Deckel des Kännchens wurde diese geöffnet.

Begleitet hat mich dieses silberne Milchkännchen während meiner Kindheit an jedem Sonntag und bei besonderen Gelegenheiten.

Als ich mein Lehramtsstudium begann, schenkte mir meine Mutter ein Service von Villeroy & Boch mit dem Namen „Piroschka“ bunt und lebendig. Im Laufe meiner vielen Umzüge ging auch das letzte Teil kaputt: ein Kännchen, noch nicht ahnend, warum es mir fehlen würde. Als ich mein Museum eröffnet hatte, erinnerte ich mich an „Piroschka“. Eine Frau bot bei Ebay zwei Kännchen und eine Zuckerdose an. Ich habe ihr geschrieben und meine Geschichte erzählt. Sie hat sich gefreut, mir ein Milchkännchen für 5 € zu verkaufen.

Mein erstes Milchkännchen erwarb ich in den 70er Jahren während eines Urlaubs in Dänemark.

Mein damaliger Freund war nicht einverstanden, da wir bereits ein Milchkännchen besaßen.. Ich kaufte es trotzdem und damit begann mein besonderes Interesse für Milchkännchen.

Flohmärkte, Antikläden und Porzellangeschäfte zogen mich immer wieder magisch an und meine Lust zu sammeln wurde immer größer, so dass die Anzahl der Kännchen stetig wuchs. Es wurden 300 Stück und sie standen überall herum, als Blumenvase, Bleistifthalter oder Deko. Mit der Jahrtausendwende begann ich mehr im Internet zu suchen und zu kaufen.

Bis 1000 wollte ich sammeln und dann ein Museum eröffnen. Und so geschah es. Weil es mir damals wie heute um die Milch und die Wertschätzung von Lebensmitteln geht, wählte ich den 1. Juni 2019, den Tag der Milch, um mein Museum zu eröffnen. Nach einem Rundfunkbeitrag zur Eröffnung meldete sich ein Mann, dessen Mutter die gleiche Leidenschaft verfolgt hatte. Er brachte über 500 Kännchen für das Museum aus München nach Großkrotzenburg.

Zu fast jedem der Kännchen kann ich eine Geschichte erzählen: zur Firma, zum Dekor, zu Besonderheiten und eigenen Erinnerungen. Das kleinste Kännchen ist aus der Puppenstube meiner Schwester und mir.

Mein Museum ist ein lebendiges Museum und wächst ständig. Seit der Eröffnung kommen wiederholt Anfragen von meist älteren Frauen, die ihren Haushalt verkleinern möchten oder selbst gesammelt haben, und von Personen, die eine Sammlung ihrer Eltern auflösen wollen und sich freuen, dass ihre Objekte in meinem Museum einen neuen Platz bekommen.

Neben den bekannten Formen von Kännchen präsentiere ich Kuriositäten wie Milchkühe, aus deren Maul die Milch fließt, kleine Männchen in Uniformen, bei denen die Milch aus dem Hut fließt, eine Reihe von Tieren wie Dachs, Frosch, Eule, Steinbock, Maus, die Milch aus der Schnauze geben. Auch Kännchen, die in Form und Funktion eher nicht geeignet sind für eine Kaffeetafel, haben trotzdem einen Platz im Museum gefunden.

Wer weiß denn, wie wir früher Dickmilch herstellten?

Wenn ich junge Menschen bei ihrem Besuch im Museum frage, ob sie wissen, was Dickmilch ist, kommt die Antwort: „Dicke Milch…“ Ja, das stimmt, in meiner Kindheit gab es keine Riesenauswahl von Joghurt. Bei uns zu Hause gab es dieses besondere Gefäß, in das die unbehandelte Milch, die wir damals noch kaufen konnten, geschüttet wurde und so lange stehen gelassen wurde, bis die Milch sich in Dickmilch verwandelt hatte. Im Sommer hat dies kürzer gedauert, im Winter länger. Dazu gab es je nach Saison regionales Obst oder auch mal Zucker und Zimt dazu. Für mich als Kind war das ein wunderbarer Nachtisch.